Mahmoud Al-Zein

Über arabische Clans in deutschen Städten habe ich bereits einige fundierte Sachbücher gelesen, die auch thematisiert haben, dass es verabsäumt wurde, die Anfang der 80er Jahre aus dem Libanon Geflüchteten zu integrieren. Das hatte zur Folge, dass die arabischen Clans nach ihren eigenen Gesetzen handelten und die deutsche Staatsmacht nur als Ärgernis sahen.
Eine Geschichte aus Sicht eines Betroffenen, der als „Der Pate von Berlin“ berüchtigt-berühmt wurde, Mahmoud Al-Zeins, liegt nun in Form dieses Buches vor. Von seiner Flucht aus Beirut nach Berlin und dem Aufstieg zum Oberhaupt eines der einflussreichsten Clans in Deutschland mit viel Gewalt, Unterweltgeschäften, Gefängnis und blutigen Fehden unter anderem mit den „hütchenspielenden Albanern“ auf dem Weg, erzählt er hier mehr oder weniger schonungslos. Die späte Einsicht, dass Gewalt Gegengewalt hervorruft, heftet sich „Der Pate“ heute auf die Fahnen. Schon der Untertitel „Mein Weg, meine Familie, meine Regeln“ zeigt aber das narzisstische Kreisen eines Mannes um sich selbst, der mit zweifelhaften Ehrbegriffen um sich wirft. Dass seine Ehefrau nur in Nebensätzen als Mutter seiner zahlreichen Kinder vorkommt, ist ebenso bezeichnend wie die Selbsteinschätzung des Verfassers, dass er für Ordnung sorgte und aus seiner Sicht meist weise und überlegt handelte.
Das Buch birgt in jedem Fall viel Diskussionspotential und ich bin mir nicht sicher, ob ich es angemessen finde, einem Mann die Plattform für seine Story zu geben, der immer noch mit seinem Image des mächtigen Bosses spielt, der über dem Gesetz steht. Ein Fazit, das ich aus diesem Buch ziehen kann, ist jedenfalls, dass bei er Integration und Einbürgerung von Flüchtlingen viel falsch gelaufen ist, wobei ich die Tatsache, dass die Geduldeten nicht auf den Arbeitsmarkt dürfen, als größten Fehler sehe. Ob dieser Fakt einen Lebensweg wie den Mahmoud Al-Zeins dadurch provoziert hat, sei dahingestellt, aber die Lektüre fand ich ehrlich gesagt zumindest zweifelhaft. Es ist ein Buch, das in einem Kontext gelesen werden muss, weil es sonst nur um Selbstbeweihräucherung eines Machtmenschen ginge.
Details zum Buch:
Originalausgabe Oktober 2020
ISBN 978-3-426-27837-6
Bettina Armandola
Kommentar verfassen